Dieses Buch soll helfen, mit belastenden Situationen konstruktiver umzugehen. Es ist für Einsteiger ebenso geeignet wie für erfahrende Übende der Methode MBSR.
Zur inneren Ruhe kommen durch MBSR, so lautet der Untertitel des Buches. MBSR ist die Abkürzung der englischen Bezeichnung «Mindfulness-Based Stress Reduction», was «Stressbewältigung durch Achtsamkeit» bedeutet. Dieses Schulungsprogramm wurde Ende der Siebzigerjahre von Dr. Jon Kabat-Zinn in den USA entwickelt. Es handelt sich dabei um eine Selbsthilfemethode und wird während 8 Wochen in einem Kurs erlernt. MBSR alleine zu üben ist auch möglich, und viele Leute erhalten dadurch einen ersten Zugang zur Achtsamkeitspraxis. Wem klar wird: So kann es nicht weitergehen, ich muss die Richtung ändern, wer den Kontakt zu sich selbst verloren hat (oder ihn noch gar nie richtig hatte), wer das Gefühl hat, das Leben rausche an ihm vorbei, wer Sehnsucht hat, wieder richtig durchatmen zu können, der möge seine Nase ganz tief ins Buch stecken ...
Um was geht’s bei MBSR? Es geht darum, sich mit seinem Leben zu verbinden. Wir lernen, präsent zu sein, wach und bewusst, dem Leben gegenüber freundlich und dabei nicht wertend, in jedem Moment. Ist doch ganz was anderes als vor schwierigen Situationen zu flüchten oder den Kopf in den Sand zu stecken. Achtsamkeit hilft uns, die Herausforderungen des Lebens anzunehmen, während sie entstehen. Die Informationen über das Zusammenspiel von Körper, Geist und Gefühlen sind dabei unentbehrlich. Es wird erläutert, welche innere Haltung für die Praxis wichtig ist. Im Buch werden die Hauptelemente und Übungen von MBSR erläutert sowie die Aspekte der Stresstheorie aufgezeigt, um mit Hilfe von bestimmten Meditationen, Atem- und Yogaübungen einen gesundheitsfördernden Umgang mit Stress, Schmerzen und Beschwerden zu erlernen.
Die Auswirkungen auf den Körper, den Geist und die Seele erlebt man weniger beim Lesen, sondern dann, wenn man sich dazu entschliesst, das eigene Körperbewusstsein systematisch, am besten täglich, zu schulen. Dadurch wird das eigene Wohlbefinden erweitert, dies ist unterdessen wissenschaftlich belegt. Es gilt, sowohl persönliche Stressmuster zu verstehen und effektiv zu ändern wie auch immer wieder sich selbst zu akzeptieren mit allem, was da ist. Das war für mich zu Beginn neu und eine völlig andere Art und Weise, mit Schmerzen, Sorgen, schwierigen Gedanken und Gefühlen umzugehen. Denn mit MBSR geht es eben nicht darum, etwas «weghaben» zu wollen.
Achtsamkeitsübungen sind keine Entspannungsübungen, sondern Übungen der Geistes- und Bewusstseinsschulung. Es geht immer um den gegenwärtigen Augenblick. Wir akzeptieren unseren Zustand und geben uns die Erlaubnis, uns so zu fühlen. Diese Haltung der Akzeptanz zeigt eine so gute Wirkung, man muss es am besten selbst erleben. Egal, ob wir den Augenblick als angenehm, schmerzhaft oder als nichts Besonderes wahrnehmen: es ist möglich zu lernen, auf eine andere Weise damit umzugehen. Es gibt nämlich Dinge, die gehen nicht einfach weg, auch wenn man das noch so gerne möchte. Und deshalb ist die Achtsamkeitspraxis für so viele Menschen weltweit hilfreich, um mit all den Schwierigkeiten im Leben umzugehen. Auch mit Krankheiten. Viele Menschen sind mit chronischen Schmerzen so sehr eingeschränkt, dass man sich nur noch damit beschäftigt. Die Schulung der eigenen Achtsamkeit hilft dabei, das eigene Selbstwertgefühl zu stärken. Wir lernen, nicht immer im Autopilot zu funktionieren. ZB kauen wir unser Essen, ohne es zu merken. Wir fahren eine Strecke, ohne uns auf die Strasse zu konzentrieren. Wir behandeln unseren Körper wie eine Maschine. Wenn er funktioniert, ist alle gut. Und wenn nicht, dann haben wir das Gefühl, er lässt uns im Stich. Wir bringen die Kinder so schnell es geht zu Bett, wir wenden uns von Beziehungen ab, die uns gut tun, arbeiten immer mehr, schlafen zu wenig und verlieren uns in Aktivismus. Dabei ist alles Leben, auch unser eigenes, viel zu kostbar!
Achtsamkeit zu praktizieren bedeutet, liebevoll gegenüber andern und sich selber zu sein. Wir sind auf eine bestimmte Weise aufmerksam, bewusst, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen. Dabei hilft Meditation. Was Meditation NICHT ist: Meditation ist keine Trance, keine Entspannungsübung, keine Gedankenleere und auch keine Fantasiereise. Viele Leute haben eine falsche Vorstellung davon. Wir üben dabei den gegenwärtigen Augenblick so wahrzunehmen, wie er ist, auch wenn er schmerzhaft sein sollte. Die eigene Selbstfürsorge wird durch MBSR gestärkt. Und mit der Zeit stellt man selber fest, dass eine tiefe, positive Veränderung stattfindet.
«Etwas vom Wichtigsten, was ich in meinem eigenen Leben heute im Moment tun kann, ist achtsam zu sein. Dies zu üben ermöglicht mir, wach und bewusst zu sein und zu erkennen, wo meine Aufmerksamkeit jetzt gerade ist. Und dabei bin ich hier und heute auf der Erde, so wie ich bin. Mal glücklich, mal weniger und auch mal inmitten eines heftigen Gewitters.» Tonia von Gunten
Das Buch und die CD von Linda Lehrhaupt und Petra Meibert empfehle ich Menschen, die sich für MBSR, Achtsamkeit und Meditation interessieren und sich dabei eine Übersicht verschaffen wollen. Die CD ist praktisch, da die Übungen auch im Buch besprochen werden. Die Stimme dabei ist sehr unaufgeregt und ruhig.
Über das Buch: «Stress bewältigen mit Achtsamkeit. Zur inneren Ruhe kommen durch MBSR» Von Linda Lehrhaupt und Petra Meibert, Taschenbuch 160 Seiten, mit CD, 16,7 x 1,4 x 24 cm, erschienen 2010 im Kösel Verlag
Weitere Bücher, die ich zum Thema gerne empfehle:
- Mit Kindern wachsen. Die Praxis der Achtsamkeit in der Familie. (Myla & John Kabat-Zinn, arbor Verlag)
- Gesund durch Meditation. Das grosse Buch der Selbstheilung mit MBSR. (Jon Kabat-Zinn, Knaur Verlag)
Buchbesprechung von Tonia von Gunten, elternpower.ch, 2018